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10.11.11

Kurse auf Fürsteneck abgehalten: "Frühe Musik der Hohen Stände"


Man soll aufhören, wenn's am Schönsten ist... Die offiziell letzte Einheit der Fortbildungsreihe zur Musik des Mittelalters "Frühe Musik der Hohen Stände" fand vom 2.-4.11.2011 auf Burg Fürsteneck statt. Es war die 17. Einheit seit Beginn unserer Zeitrechnung und als Primzahl ein guter Anlaß, den Abschluß zu finden. Im dritten, dem Verlängerungsjahr, war dies die 5 Einheit (und damit auch Primzahl - Perfektion). Sie stand unter dem von den Teilnehmern mehrheitlich gewünschten Thema "Die Musik Englands im Mittelalter". Ein sehr interessantes Feld, das wir im regulären Durchlauf beiseite gelassen haben, das aber viel zu oft und zu unrecht ignoriert oder stiefmütterlich behandelt wird.
 
 Da wir im Februar (25.2.2012) noch ein Abschlußtreffen haben werden, das einem Abschlußkonzert gewidmet sein wird (der Deutschlandfunk schneidet mit und sendet dann einen Beitrag), haben wir diese letzte Einheit auch genutzt, um Stücke für das Abschlußkonzert vorzubereiten.
 
 Nach einem Einstiegs-Powerpoint im Plenung, bei dem wir die Bistümer Englands, ihre Katedralbauten und Einflußbereiche vorstellten, die die religiöse wie politische Landschaft Englands und damit auch die geistliche Musikausübung prägten, war der erste Tag dieser 17. Einheit, wie üblich, der reinen Praxis gewidmet: In zwei Ensembleklassen arbeiteten ich und Uri Smilansky mit den Teilnehmern des Kurses an ausgewählten Stücken aus dem englischen Repertoire des Mittelalters und an Stücken für die Vorbereitung des Abschlußkonzertes. Darunter einige besondere, geistliche Stücke aus den zahlreichen überlieferten, englischen Fragmenten, sowie weltliche Ein- und Mehrstimmigkeit. Die oft zitierte, englische Neigung zu imperfekten Intervallen (sehr häufig vorkommende Sext- und Terz-Parallelen) war deutlich spürbar und durchzog die Mehrstimmigkeit wie einen roten Faden. Die Stücke hatten allesamt einen eindeutigen "Flavour", den man in der kontinentaleuropäischen Musik so nicht findet. Das zeigte sich deutlich und machte die Arbeit sehr interessant.
 
 Die Abendeinheit wurde mit einer Präsentation von Martin Uhlig eröffnet, der eine wichtige, fragmentarische Quelle mit weltlicher Mehrstimmigkeit des 15. Jhs. vorstellte (Oxford, Bodleian Library, Ashmole 191) und Intertextualität, also Zitate zwischen Kompositionen, aufdeckte und erläuterte. Sodann kamen wir zum literarischen Teil: Eine neuhochdeutsche Nacherzählung des altenglischen Beowulf. Gelesen wurde der erste Teil des Epos bis zur Feier nachdem Beowulf besiegt ward.
 
 Der zweite Tag war dieses Mal nicht der klassische Theorietag, weil wir für die Konzertvorbereitung genügend Ensembleklassen abhalten mußten. Wir begannen mit Ensembleklassen und gingen dann zu einer vormittaglichen Theorieeinheit über: Vorstellung von Quellen englischer Musik des Mittelalters, sowie von notationstechnischen Besonderheiten, die für England wirklich deutliche Unterschiede gegenüber dem Festland feststellen lassen. Am Nachmittag gab es noch eine kurze Theorieeinheit zum sogenannten "Winchester Tropar", das eine große Sammlung frühester englischer Zweistimmigkeit enthält und bis vor nicht allzulanger Zeit als nicht exakt deutbar galt - wegen der linienlosen Neumennotation. Neuere Studien und Editionen haben dieses besondere Organumrepertoire, das eindrucksvoll die Organumregeln der Musica Enchiriadis umsetzt, jedoch für die Aufführungspraxis erschlossen. Der Rest des Nachmittags war wieder in Ensembleklassen eingeteilt, genau wie der frühe Abend. In der eigentlichen Abendeinheit wurde der Rest des Beowulfs in Nacherzählung vorgelesen (Grendels Mutter und Der Drache).
 
 Der dritte Tag, bei dem sich die Reihen der Teilnehmer wegen anderer Verpflichtungen etwas gelichtet hatten, war ganz der Praxis in Ensembleklassen gewidmet, die wir bis in den Nachmittag abhielten.
 
 Im Herbst 2012 soll ein neuer Durchlauf der "Frühen Musik der Hohen Stände" mit einer neuen Gruppe begonnen werden. Es werden maximal 18 Plätze vergeben werden. Interessenten können sich ab sofort bei der Burg Fürsteneck melden und auf eine Interessentenliste setzen lassen.